90 Jahre Betriebsrätegesetz

Gewerkschaftsplakat 1963

16.02.2010 Am 4. Februar 1920 trat das Betriebsrätegesetz als Vorläufer der heutigen Betriebsverfassung in Kraft. Ein Anlass die Arbeit der Betriebsräte genauer zu betrachten.

Das Betriebsrätegesetz von 1920 ist ein Meilenstein in der Mitbestimmung. Seitdem gibt es - unterbrochen durch den Faschismus - demokratisch gewählte BelegschaftsvertreterInnen in Betrieben und Aufsichtsräten. Besonders in Krisen bewähren sich Betriebsräte als Teil der industriellen Demokratie.

Demokratie im Betrieb schützt die ArbeitnehmerInnen vor unternehmerischer Willkür, sichert den Betriebsfrieden und stärkt die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Beschäftigte, die durch Betriebsräte vertreten sind, werden besser bezahlt und haben bessere Arbeitsbedingungen. Zum Jahrestag der Betriebsräte sagte DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel: "Die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise zeigt deutlich, wie wichtig Betriebsräte und mitbestimmte Aufsichtsräte für Stabilität und Entwicklung von Unternehmen sind. Überall bewähren sich Betriebsräte als Krisenmanager. Allerdings fehlt es ihnen auch heute noch an gleichberechtigter Macht. Echte Teilhabe und wirksame demokratische Kontrolle der Unternehmensleitung durch die Beschäftigten gibt es nicht. Betriebsräte haben auch heute noch keine wirtschaftliche Mitbestimmung."

Minderheit im Aufsichtsrat

In Aufsichtsräten sind ArbeitnehmerInnen stets in der Minderheit. Zerstörerische Unternehmenspolitik bei einigen Banken oder menschenverachtende Praktiken wie bei Schlecker zeigen, dass die Rechte der ArbeitnehmerInnen auch 90 Jahre nach dem Betriebsrätegesetz noch nicht ausreichen. In der sich ändernden Arbeitsgesellschaft der Zukunft sind Beteiligung, Mitbestimmung und Mitverantwortung Voraussetzungen für Erfolg.
Artikel 165 der Weimarer Verfassung bestimmte 1919 erstmals, neben der Tarifautonomie, die gleichberechtigte Mitwirkung der ArbeiterInnen und Angestellten in den Unternehmen. Das Betriebsrätegesetz 1920 war ein Ausführungsgesetz und ein Baustein für die industrielle Demokratie, entstanden nach einer schweren Krise in der Geburtsstunde der parlamentarischen Demokratie. Die Idee war und ist: verantwortliche Mitbestimmung bei der Steuerung und Lenkung der Unternehmen und Betriebe.

Hintergrund:

Dem Betriebsrätegesetz 1920 waren heftige Auseinandersetzungen vorausgegangen - im Parlament und auf der Straße. Nach 1918 hatten teilweise Arbeiter- und Soldatenräte die Leitung der Betriebe übernommen. Sie forderten bessere Arbeitsbedingungen, den Acht-Stunden-Tag, Demokratie und wirtschaftliche Mitbestimmung. Der Rat der Volksbeauftragten unter Friedrich Ebert und die Mehrheit der Versammlung der Arbeiter- und Soldatenräte sprachen sich gegen weitreichende Sozialisierungsvorstellungen und für eine parlamentarische Demokratie mit tarifautonomen Arbeitsmarktstrukturen aus. Nach 1945 wurden weitere Verbesserungen von den Gewerkschaften erreicht.

Betriebsratswahl 2010

Von März bis Juni 2010 werden wieder Betriebsräte neu gewählt. Heute reichen fünf wahlberechtigte Beschäftigte für die Gründung eines Betriebsrats aus. Das absolute Kündigungsverbot gilt auch für Wahlvorstände und -akteurInnen. Die Behinderung von Betriebsratswahlen ist strafbar.

Letzte Änderung: 19.08.2010