Mitarbeiterbespitzelung als Thema
Gibt es für Schweizer keine Gesetze?
Die IG Metall hat geladen und gekommen sind fast 100 Teilnehmer/-innen. Überwiegend Betriebsratsmitglieder aus den Betrieben, die von der örtlichen Gewerkschaft in Göppingen-Geislingen betreut werden. In einer Halbtagesschulung in der Stadthalle stand der Fall Schweizer Group Plattenhardt mit seinen sieben fristlosen Kündigungen im Mittelpunkt. Dem immer wieder gerne angefragten Arbeitsrechtler Prof. Dr. Wolfgang Däubler, Uni Bremen, ist es gelungen, den gespannt zuhörenden Betriebsräten aufzuzeigen, welche Mitbestimmungsrechte sie aus Sicht des Datenschutzes haben. Zentral und im Alltag oft vernachlässigt wird dabei die Wahrung des Persönlichkeitsschutzes.
Rückhalt der Belegschaft im Zermürbungsprozess
Neben den seit längerem bekannten Fällen der Überwachung und Bespitzelungen der Mitarbeiter bei Lidl ist der Fall Plattenhardt für Däubler in der Bewertung vergleichbar. So stellte der Referent außer Zweifel, dass ein Arbeitgeber nicht nach Gutsherrenart handeln und rechtsstaatliche Prinzipien außer Acht lassen kann. "Die Mitarbeiter haben einen Anspruch auf ein informelles Selbstbestimmungsrecht, und können nicht gegen ihren Willen ausgehorcht werden", zitiert der Professor. Die Betriebsräte zeigten ihr Unbehagen darüber, dass ein Fall wie Lidl sich in ihrer unmittelbaren Nähe abspielt und derart drastisch die Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz missachtet wurden. Immerhin gibt es neben dem Betriebsverfassungsgesetz die Strafprozessordnung. Der zu Folge bei den Beschuldigungen und Verdachtsmomenten wie Drogen doch die staatsanwaltliche und richterliche Genehmigung für den Einsatz von verdeckten Ermittlern eingeholt werden muss. In Hattenhofen dagegen, entscheidet der Chef, wer und wann bespitzelt wird. "Kein Arbeitgeber kann das eigenständig", zieht der Referierende sein Fazit. Dass dabei ganz offensichtlich die gute Gelegenheit genutzt wurde und unliebsame Betriebsratsmitglieder in den Detektivberichten auftauchen, hat nach Ansicht der IG Metall Methode. "Der Zermürbungsprozess von Menschen wurde von der Geschäftsleitung begonnen", so Renate Gmoser, die den Betrieb und die die Betriebsratskollegen schon jahrelang gut kennt. Das ausgesprochene ungerechtfertigte Hausverbot und die Verweigerung der Zusammenarbeit mit dem Betriebsratsvorsitzenden ist ein Teil des Planes. Auch der 72-jährige Referent kennt das aus der Praxis nur zu gut."Je nachdem wie man gestickt ist, überstehen die Betroffenen solch einen Zermürbungsprozess mal schwieriger, mal weniger gut oder der eine oder wird dabei echt krank. Daher ist in dieser Zeit der Rückhalt der Belegschaft wichtig", so Däubler.
Täuschung und fehlende Informationen
Bei Einstellungen von Mitarbeitern haben Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht. Bei Plattenhardt wurde der Betriebsrat erheblich getäuscht. Die Einstellung der Detektive erfolgte als Maschinenbediener. Für die
Schulungsteilnehmer im vollbesetzten Märklinsaal stand schnell fest, dass hier ein grobes Täuschungsmanöver von seiten des Personalchefs vorlag. Wie hier mit dem Betriebsverfassungsgesetz umgegangen wurde, trifft auf
Unverständnis. Erstens haben die Teilnehmer gelernt, dass der Einsatz von Detektiven nach Gutsherrenart gar nicht erlaubt ist und nun tauchen auch noch Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz auf. "Gibt es für
Schweizer keine Gesetze?" war ein Ruf aus den Reihen zu vernehmen.
Spätestens seit Bekanntwerden, dass der Anwalt fürs grobe, Naujoks, die Firma nun vertritt, verdichtet sich für die IG Metall Göppingen-Geislingen der Verdacht, dass hier ganz gezielt vorgegangen wurde und sich die
Spitze bei Plattenhardt dafür entschieden hat, unbequeme Betriebsräte und vor allem den Betriebsratsvorsitzenden los zu werden.
Letzte Änderung: 22.05.2011