Burnout - Das Thema zum Thema machen
Hochkarätiges Podium
Mit PD Dr. med Günther Bergmann, Chefarzt der Klinik für psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie im Christophsbad Göppingen und Dr. Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall konnte Michael Kocken, IG Metall Gewerkschaftssekretär, zwei Experten zum Thema Burnout begrüßen. Zudem durfte er Matthias Metzger willkommen heißen, der sich bereit erklärte an der Podiumsdiskussion teilzunehmen und als Betroffener eine Innenansicht zum Thema Burnout zu geben.
Medizinischer Einblick
Zunächste erläuterte Dr. Bergmann die Krankheit aus medizinischer Sicht. Jeder neunte in Deutschland ist gefährdet, es sind bereits 100.000 Menschen an Burnout erkrankt.
Dabei existiert "Burnout" im medizinischen Sinn nicht als Krankheit, sondern setzt sich aus verschiedenen Krankeitsbildern wie Erschöpfungsdepressionen und Depressionen zusammen. Neben typischen Reaktionen von Personen die sich im
Anfangsstadium des Burnout befinden, wie die Verdrängung und Verharmlosung der Sympthome, erklärte er auch deutlich wie die Abwärtsspirale entsteht und immer extremer wird, sodass das Burnout in kürzester Zeit
eintritt. Da die Anzahl der Betroffenen weiter steigt, gibt es mittlerweile Fragebögen, bei denen eine Neigung zu Burnout festgestellt werden kann. Außerdem gibt es mittlerweile Notfallstationen für besonders akute
Fälle, bei der Betroffene sofort kurzzeitig Hilfe erhalten, da meistens die Wartezeiten auf Therapieplätze sehr lang sind.
Das Thema in den Betrieben zum Thema machen
Hans-Jürgen Urban verknüpfte die Arbeitsbedingungen als Folge der vergangenen Wirtschaftskrise mit dem Thema Burnout.
Durch immer höheren Leistungsdruck in den Betrieben, aber gleichzeitig immer mehr Abbau an Arbeitsplätzen wodurch in vielen Fällen Doppelbelastungen entstehen, steigt die Anzahl der Betroffenen stetig. Er zeigte in
Statistiken wie die Arbeitsunfähigkeitsmeldungen durch chronische Erschöpfung in den letzten Jahren rasant zunahmen. Die IG Metall fordert daher eine Antistressverordnung in der Arbeitsaufgaben, Arbeitsorganisation, soziale
Bedingungen, Arbeitszeitgestaltung sowie die Arbeitsplatzgestaltung- und Umgebung geregelt werden. Durch so eine Verordnung können die Belastungen der Arbeitnehmer gemindert werden, so Urban.
Gleichzeitig, ist das Thema in vielen Betrieben immer noch ein Tabu und wird von Vorgesetzten schlichtweg als Ausrede für das Versagen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgetan
"Wir müssen das Thema zum Thema machen", so Urban. Nur dann können wir in den Betrieben auch verbesserunen der Bedingungen erreichen.
Eine Innenansicht
In der anschließenden Diskussion schilderte Matthias Metzger, wie Burnout bei ihm angefangen hat und wie es sich auf sein Berufs- und Privatleben ausgewirkt hat. Ein beruflicher Aufstieg und damit eine Position, wo er keine Schwäche zeigen wollte, kann als ein Faktor identifiziert werden. Frühe Symptome schob er beiseite. Er wollte seinen Mann stehen. Metzger erkannte sich in den von Dr. Bergmann geschilderten Sympthomen sehr gut wieder. Als er schließlich "die Nacht zum Tag machte" und kaum noch schlafen konnte, holte er sich bei einem Betriebsrat Hilfe und Unterstützung. Der Betriebsrat riet ihm sofort zu medizinischer Hilfe, welche Matthias Metzger schließlich auch in Anspruch nahm. "Das war sehr gut", so Metzger, "zum einen die Unterstützung vom Betriebsratskollegen und zum Anderen endlich medizinische Hilfe bekommen zu können". Er berichtete wie er den Kampf gegen das Burnout aufnahm und erfolgreich bekämpfen konnte.
Betroffenheit bei den Zuhörenden
Das Publikum hat sehr interessiert die Schilderungen des Kollegen verfolgt. In der anschließenden Fragerunde, meldeten sich noch mehr Betroffene aus dem Publikum und schilderten ihre Erfahrungen mit der Krankheit.
Diese Ansammlung von betroffenen Kolleginnen und Kollegen zeigt deutlich, wie wichtig es ist, Das Thema in den Betrieben zu verankern. Die Kolleginnen und Kollegen stellten Fragen an die Expertenrunde und waren sehr interessiert, wie man
Burnout bei den betrieblichen Kollegen schneller erkennen und ihnen so schnell wie möglich Hilfe verschaffen kann.
Dr. Bergmann machte deutlich, dass die Schilderungen von Matthias Metzger sehr typisch sind für Betroffene und im Betrieb sehr aufmerksamm auf diese Anzeichen geschaut werden muss. Leider ist es auch typisch, dass Betroffene ihre
Anzeichen leugnen und immer wieder sagen, dass es ihnen gut gehe. Dies ist bei Männern noch viel häufiger der Fall, weil sie der Umwelt nicht mitteilen wollen, dass sie Anzeichen von Erschöpfung spüren.
Deshalb hatte Dr. Bergmann auch einen guten Rat: "Männer sollten auf Frauen hören, die ihnen sagen, dass sie Anzeichen wahrnehmen". Frauen sind da sehr sensibel und ein gutes Frühwarnsystem.
Hans-Jürgen Urban sagte wie wichtig es ist, das Thema zum Thema zu machen. Nur wenn in den Betrieben die Hemmschwelle abgebaut wird über das Thema zu reden. Nur wenn es nicht als "Schwäche" gebrandmarkt wird,
können wir aktiv an der Verbesserung der Bedingungen arbeiten.
Vorgesetzte, wie zuvor aus dem Publikum berichtet, die Burnout als vorgeschoben für faule und nicht belastbare Beschäftigte halten, sind gefährlich für einen Betrieb.
Die Veranstaltung zeigte, wie brandaktuell und Notwendig es ist noch mehr in den Betrieben zu informieren.
Die IG Metall Göppingen-Geislingen wird ind den kommenden Monaten mit betrieblichen Kolleginnen und Kollegen das Thema bearbeiten und zum Thema in den Betrieben machen.
Dazu bietet auch das Christophsbad an, in die Betriebe zu kommen und dort direkt zu informieren.
Letzte Änderung: 09.07.2012